Eine Geschichte voller Salz und Wind. Warum man Joshua Slocums „Sailing alone around the world“ unbedingt lesen sollte.
Das Buch „Sailing alone around the world“ von Joshua Slocum ist ein Klassiker der Reise- und Segelliteratur. Denn Slocum gilt als erster Einhandsegler, der eine Weltumrundung vollbrachte. Als er zu dieser Reise aufbrach war er mit seinen 51 Jahren zwar kein junger Mann mehr, dafür aber ein erfahrener Seebär, der in den Jahrzehnten zuvor als Kapitän das Kommando über mehrere Schiffe geführt hatte. Dazu zählten zum Beispiel das Vollschiff Northern Light und die Bark Aquidneck.
Das Schiff für seine Weltumsegelung, die Spray, baute Slocum selbst, indem er eine reparaturbedürftige Slup vollständig erneuerte. Mit ihr stach er im April 1895 von Boston aus in See. Gut drei Jahre später kehrte er an die amerikanische Ostküste zurück. In der Zwischenzeit hatte er mehr als 46.000 Seemeilen zurückgelegt und die Spray zunächst über die Azoren nach Gibraltar gesegelt. Dort warnten ihn britische Marineoffiziere vor den Gefahren durch Piraterie bei einer Weiterreise durch den Suezkanal und das Rote Meer, und überzeugten ihn, seinen ursprünglichen Plan zu ändern. Stattdessen segelte er jetzt nach Südamerika, durch die Magellanstraße weiter in den Pazifik, über Australien und verschiedene Inseln nach Südafrika, und von dort schließlich quer durch den Atlantik und die Karibik zurück in die Staaten.
Über seine Erlebnisse auf dieser Reise erzählt Slocum in nüchternem Ton und mit trockenem Humor, beispielsweise über eine Begegnung mit drei Buren, die beweisen wollen, dass die Erde eine Scheibe ist: „It sounds odd to hear scholars and statesmen say the world is flat; but it is a fact that three Boers favored by the opinion of President Krüger prepared a work to support that contention. While I was at Durban they came from Pretoria to obtain data from me, and they seemed annoyed when I told them that they could not prove it by my experience.“

„Sailing alone around the world“ von Joshua Slocum
Slocums Ausdrucksweise erscheint heutigen Lesern sicher altmodisch. Aber die Lektüre ist ja eh eine Reise in die Vergangenheit. Insbesondere gilt das für die seemännischen Aspekte, auch wenn die mehr am Rande der Erzählung vorkommen. Denn „Sailing alone around the world“ ist ganz bewusst nicht für Segler, sondern für das breite Publikum geschrieben worden. Trotzdem lernt man noch einiges über die Kunst der Seefahrt zu Zeiten, als es weder Funk noch GPS gab und auch das heute noch gängige Standardverfahren der astronomischen Ortsbestimmung erst wenige Jahrzehnte alt war (siehe dazu auch unsere Kolumne „Die vergessene Kunst: Navigation ohne Instrumente“). Slocum war in dieser Kunst der „natürlichen Navigation“ offenbar zumindest teilweise bewandert, denn er schreibt beispielsweise mehrfach über Beobachtungen von Wolken oder Vögeln, die ihm die Nähe von Land anzeigen.
Slocums Reisebericht machte ihn auf einen Schlag in der gesamten englischsprachigen Welt berühmt. Ganz nebenbei hat er mit diesem und ein paar vor seiner Weltumrundung geschriebenen Büchern wohl auch das Genre der Segelreisebücher mitbegründet. Die deutsche Übersetzung ist übrigens mit einem Vorwort von Wilfried Erdmann erschienen. Darin spricht Deutschlands bekanntester Einhandsegler aus, warum das Buch von Joshua Slocum zu einem Klassiker geworden ist: „Der Pioniergeist, der feste Glaube an die Gesetze der Natur und die Bescheidenheit gegenüber dem Meer machen die Größe von Joshua Slocum und die Bedeutung von „Sailing alone around the World“ aus. Diese Geschichte voller Salz und Wind ist ein Vermächtnis an Segler, die wie er die Ozeane besegeln.“
Joshua Slocum: „Sailing alone around the world“. LEONAUR, ohne Ort 2010. 198 S., geb., 24,43 Euro.
Gibt es auch auf Deutsch:
Joshua Slocum: „Allein um die Welt segeln“. Aequator, Sipplingen 2014. 280 S., geb., 22,95 Euro. Mit einem Vorwort von Winfried Erdmann.