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„The Natural Navigator“ von Tristan Gooley – wie man ohne Instrumente navigiert

von Y8SEGLER
Navigation ohne Instrumente: Sterne als Richtungsmarker

Wer sich zu jenem einen Prozent dazugesellen möchte, das den natürlichen Kompass zu nutzen weiß, sollte dieses Buch lesen – verspricht Tristan Gooley. Hat er recht?

Wer unsere Kolumne „Die vergessene Kunst: Navigation ohne Instrumente“ gelesen hat, wird sich vielleicht gefragt haben, wo man mehr über „natürliche Navigation“ lernen kann. Zur Erinnerung: „Natürliche Navigation ist die Kunst, sich mithilfe der Natur zu orientieren. Sie besteht hauptsächlich in der seltenen Fähigkeit, ohne Instrumente und Geräte, nur anhand natürlicher Anhaltspunkte wie Sonne, Mond, Sterne, Land, Meer, Wetter, Pflanzen und Tiere seine Position und Richtung zu bestimmen – durch Beobachtungen und die Schlussfolgerungen, die man daraus zieht.“ So definiert Tristan Gooley, der Autor von „The Natural Navigator“, den Gegenstand seines Buches. Es ist eines von mehreren Büchern, die dieses Thema behandeln – zwei weitere werden wir zu späterer Zeit an gleicher Stelle vorstellen.

Gooleys Werk ist eine interessante Einführung in die Kunst der natürlichen Navigation, die sich nicht nur an Seefahrer richtet, sondern auch an Landratten, denn er behandelt alle Aspekte, die man für Orientierung an Land oder auf See nutzen kann. Gooley ist Fellow des Royal Institute of Navigation und der Royal Geographic Society und ist einer von nur zwei Menschen, die den Atlantik sowohl in einem Flugzeug als auch in einem Segelboot solo überquert haben.

Die Kapitel seines Buches gliedern sich nach den verschiedenen Bereichen, die der natürliche Navigator nutzen kann, um sich zu orientieren: die Landschaft, die Sonne, die Sterne, den Mond, die See, die Naturgewalten und die Gewohnheiten von Tieren. Einige seiner Erkenntnisse zählen dabei eher zum Allgemeinwissen. Beispielsweise die Beobachtung, dass die Form von Bäumen oft durch die vorherrschende Windrichtung beeinflusst wird, und sie sich zur Leeseite neigen. Vieles aber auch nicht. Um bei dem Beispiel der Bäume zu bleiben: in der nördlichen Hemisphäre wachsen Bäume auf ihrer Nordseite mehr vertikal, während Zweige auf ihrer Südseite mehr horizontal wachsen.

Gooley schreibt in einem lockeren Ton und baut immer mal wieder unterhaltsame Anekdoten aus der Geschichte oder seinem eigenen Leben ein. Zahlreiche Abbildungen helfen beim Verständnis, wobei seine Ausführungen ohnehin wenig technisch sind.

The Natural Navigator

„The Natural Navigator“ von Tristan Gooley

Für Segler am interessantesten sind die Kapitel über die Sterne und über die See. Das Sternenkapitel bietet dabei auch eine leicht zu lesende Einführung in einige Grundbegriffe der Astronavigation, wie beispielsweise Himmelskugel und Himmelspole. Zentral ist aber zweifelsohne das Kapitel über die See, in dem Himmelskörper, Dünung, Aussehen des Meeres, Tide, Wolken und Vögel als wesentliche Elemente der natürlichen Navigation behandelt werden. Am faszinierendsten finde ich dabei den Sternenkompass, mit dessen Hilfe polynesische Navigatoren den Weg von einer Insel zu einer anderen finden, indem sie verschiedenen auf- oder untergehenden Sternen oder Sternbildern folgen, die den Weg markieren.

Auch wenn nicht alles in diesem Buch für den Leser neu ist, und manches für den Segler noch weiter vertieft werden könnte, ist dieses Buch eine unterhaltsame und lehrreiche Einführung in die vergessene Kunst der natürlichen Navigation. Und es bietet die Gelegenheit, wie Gooley schreibt, „sich zu jenem einen Prozent hinzuzugesellen, das den natürlichen Kompass zu benutzen weiß.“

Tristan Gooley: „The Natural Navigator“. The Experiment, New York 2011. 296 S., geb., 11,19 Euro.

Gibt es auch auf Deutsch:

Tristan Gooley: „Der natürliche Kompass“. Piper Verlag, München 2018 (3. Auflage). 288 S., Taschenbuch, 12,- Euro.

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